Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Derzeit gibt es zwei verschiedene Behandlungsansätze, um dem SMN-Proteinmangel entgegenzuwirken und somit seine Auswirkungen zu reduzieren: Spleiß-Modifikatoren und die Gentherapie. Beide haben das Ziel, die Menge an funktionsfähigem SMN-Protein im Körper zu erhöhen. Ergänzend können noch SMN-unabhängige Behandlungsansätze zum Einsatz kommen.
Diese Therapie wurde im Mai 2020 für SMA Typ1 oder SMA-Patientinnen und -Patienten mit bis zu 3 Genkopien des SMN2-Gens in Deutschland zugelassen: Bei der sogenannten Gentherapie wird eine funktionsfähige Kopie des SMN1-Gens mithilfe eines verändertes, ungefährliches Virus, dem sogenannten Adenovirus-assoziierten Vektors (AAV) in die Körperzellen der betroffenen Person eingeschleust. Diese intakte Kopie ersetzt das defekte SMN1-Gen und es kann ausreichend SMN-Protein hergestellt werden (s. Abb. 1).2-5 Die Verabreichung erfolgt einmalig intravenös. Die verabreichte Menge ist abhängig vom Körpergewicht des Kindes.6
Beim Spleißen werden Abschnitte ohne wichtige genetische Informationen aus der RNA entfernt und die Abschnitte, die die wichtigen Informationen enthalten, zusammengesetzt. Bei SMA können jedoch auch Abschnitte mit wichtiger Information aus der RNA geschnitten werden. So kommt es zur Entstehung des instabilen SMN-Proteins über das SMN2-Gen. Um dies zu verhindern, gibt es bei SMA zwei zugelassene Medikamente. Die Medikamente erhöhen durch verändertes bzw. alternatives Spleißen der prä-mRNA des SMN2-Gens die Menge an hergestelltem funktionsfähigen SMN-Protein.
Das sogenannte Small Molecules ist eine niedermolekulare Substanz und wurde im März 2021 in Deutschland zugelassen. Die Small Molecules wirken als Spleiß-Modifikator am SMN2-Gen. Durch verändertes Spleißen des SMN2-Gens können höhere Spiegel an funktionsfähigem SMN-Protein hergestellt und so das Absterben der Motoneurone verhindert werden (s. Abb. 1).
Small Molecules können über den Mund eingenommen oder per Sonde direkt in den Magen verabreicht werden und wirken sowohl im Zentralnervensystem als auch in anderen Geweben des Körpers.7-12
Das sogenannte Antisense-Oligonukleotid (ASO), ein synthetisches, einzelsträngiges Nukleinsäure-Oligomer und wurde im Mai 2017 als erstes SMN-spezifische, medikamentöse Therapieoption für SMA-Betroffene in Deutschland zugelassen.
Auch hier werden durch verändertes Spleißen des SMN2-Gens ein höherer Spiegel an funktionsfähigem SMN-Protein hergestellt und so das Absterben der Motoneurone verhindert (s. Abb. 1).1
Das ASO wird SMA-Patientinnen und -Patienten in regelmäßigen Abständen intrathekal mittels einer Lumbalpunktion verabreicht, um im Zentralnervensystem, vor allem an den Motoneuronen, zu wirken.
Weitere Therapieoptionen befinden sich in der Erforschung.
Abb. 1: Medikamentöse Therapieansätze zur Behandlung der SMA. In der Mitte ist die SMN-Proteinproduktion in SMA-Betroffenen dargestellt, bei der nur wenig funktionsfähiges SMN-Protein hergestellt wird. Eine Therapiemöglichkeit ist die Gentherapie (Darstellung links), bei der ein intaktes SMN1-Gen in den Körper eingeschleust wird und so mehr funktionsfähiges SMN-Protein gebildet werden kann. Die zweite Therapiemöglichkeit ist die SMN2-Spleiß-Modifikation (Darstellung rechts). Durch ASOs oder Small Molecules findet ein alternatives Spleißen des SMN2-Gens statt, weswegen es mehr funktionsfähiges SMN-Protein herstellen kann.
Hier geben wir Dir einen tabellarischen Überblick über die bisher zugelassenen SMA-Therapien.
Tab. 1: Wirkstofftabelle für SMA
*nach 4 Aufsättigungsdosen an den Tagen 0, 14, 28 und 63
Weitere Informationen zur medikamentösen Therapie von SMA findest Du bei der DGM.
Neben der zielgerichteten medikamentösen Behandlung von SMA spielen aber auch SMN-unabhängige Behandlungsansätze in Kombination mit einer SMN-spezifischen Therapie eine Rolle.13 Beispielsweise können Skelettmuskulatur-schützende Behandlungen dazu beitragen, die Krankheitsprogression zu verlangsamen und so weitere, nicht unmittelbar mit SMA zusammenhängende Komplikationen zu vermeiden.14 Mehr über nicht-medikamentöse Therapie kannst Du hier lesen.
Um die für dich passende Therapie zu finden, kannst Du dich mit deinem Behandlungsteam über die verschiedenen Optionen austauschen und gemeinsam mit Ihnen eine Entscheidung treffen. Mehr darüber liest Du in unserem Text zu “Shared Decision Making”.