Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
SMA entsteht durch Veränderungen im SMN1-Gen, das entweder defekt ist oder vollständig fehlt. Dadurch kann nicht genügend funktionsfähiges SMN-Protein produziert werden.1 Dieses SMN-Protein ist für das Überleben der Motoneuronen essenziell.2,3
Neben SMN1 existiert das SMN2-Gen, das ebenfalls SMN-Protein herstellen kann, jedoch deutlich weniger
effizient (s. Abb. 1):4-6
Abb. 1: Die Ursache der SMA ist eine Mutation und/oder Deletion im SMN1-Gen. Das ähnlich aufgebaute SMN2-Gen kann den Funktionsverlust des SMN1-Gens nur unzureichend kompensieren, da es lediglich reduzierte Mengen (etwa zehn Prozent) an funktionalem SMN-Protein bildet.5,7
Der Mangel an SMN-Protein führt zum Absterben von Motoneuronen, die für die Signalübertragung vom Gehirn zu den Muskeln verantwortlich sind. Dies verursacht die typischen SMA-Symptome wie Muskelschwäche und -atrophie.5,8
Ziel der SMA-Behandlung ist es, das Absterben der Motoneuronen zu verhindern oder zu verlangsamen. Je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Aussichten. Aktuell gibt es drei zugelassene SMA-Therapien.
Hier geben wir Dir einen tabellarischen Überblick über die bisher zugelassenen SMA-Therapien.9-11
Weitere Informationen zur medikamentösen Therapie von SMA findest Du bei der DGM.
Wie die einzelnen Therapien funktionieren, dass erklären wir Dir hier noch einmal kurz.
Die mRNA ist eine Kopie der DNA und enthält wichtige genetische Informationen. Beim Spleißen werden bestimmte Teile der RNA, die keine wichtige genetische Information enthalten, entfernt und die verbliebenen Teile, welche die wichtigen Informationen enthalten, wieder zusammengefügt. Auf diese Weise wird eine fertige Bauanleitung für ein Protein erstellt . Dieser Prozess findet in fast allen Zellen im Körper statt.
Beim SMN2-Gen kann jedoch ein Abschnitt mit wichtiger Information (Exon 7) aus der RNA herausgeschnitten werden. So kommt es zur Entstehung des instabilen SMN-Proteins.12
Bei der Behandlung von SMA gibt es zwei verschiedene Therapieansätze, die darauf abzielen, beim SMN2-Gen das richtige Einfügen von Exon 7 während des Spleißens sicherzustellen. Dadurch wird mehr voll funktionsfähiges SMN-Protein auch ohne das SMN1-Gen produziert. Diese Behandlungsoptionen beheben also nicht wie die Gentherapie den genetischen Defekt selbst, sondern erhöhen die körpereigene Produktion des SMN-Proteins durch das SMN2-Gen (s. Abb.2).9,11
Abb. 2: Spleiß-Modifikatoren erhöhen die Menge an funktionsfähigem SMN-Protein durch das SMN2-Gen, indem sie verhindern, dass das Exon 7 entfernt wird.9,11
Spleiß-Modifikatoren haben nur eine zeitlich begrenzte Wirkung, weswegen sie in regelmäßigen Abständen erneut angewendet werden müssen. Sie werden wie folgt verabreicht:
Täglich zu Hause als Tablette oder – wenn notwendig – als in Wasser gelöste Tablette9
Täglich zu Hause als Saft oder – wenn notwendig – mithilfe einer Ernährungssonde9
Alle vier Monate in einer Klinik, intrathekal mittels einer Lumbalpunktion in den Hirnwasserraum am Rückenmark11
SMA-Spleiß-Modifikatoren zusammengefasst:9,11
Sie erhöhen die SMN-Proteinproduktion durch das SMN2-Gen
Eine regelmäßige Anwendung ist erforderlich
Es gibt 2 verschiedene Therapieoptionen mit Spleiß-Modifikatoren
Es gibt verschiedene Verabreichungsformen:
Das Ziel der Gentherapie ist es, das defekte SMN1-Gen zu ersetzen, um die Produktion des SMN-Proteins wiederherzustellen. Dabei wird ein funktionierendes SMN1-Gen in einen viralen Vektor (häufig ein Adeno-assoziiertes Virus, AAV) eingebaut. Dieses Virus ist modifiziert, damit es keine Krankheit verursacht. Es wird als eine Art „Transportmittel“ genutzt, um das funktionierende SMN1-Gen per intravenöser Infusion in die Körperzellen einer betroffenen Person zu bringen. Diese intakte Kopie ersetzt das defekte SMN1-Gen und es kann ausreichend SMN-Protein hergestellt werden (s. Abb. 3).10
Diese Therapie wird einmalig intravenös gegeben und kommt für Betroffene mit bis zu drei SMN2-Kopien infrage. Wie lange die Wirkung der Gentherapie anhält, ist noch nicht bekannt. Nach der Behandlung ist eine engmaschige Nachsorge wichtig, da es zu Entzündungen verschiedener Organe, erhöhten Leberwerten und Erbrechen kommen kann.10
Die Gentherapie kann sofort nach der Diagnose mithilfe des Neugeborenen-Screenings angewandt werden.10 Doch wenn Du erst ein wenig Bedenkzeit benötigst, ist auch eine spätere Gabe möglich. Trotzdem solltest Du diese Entscheidung nicht zu lange hinauszögern, denn auch die Gentherapie kann nur ein weiteres Absterben der Motoneuronen verhindern. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Therapiestarts bereits eingetretene Verluste an Motoneuronen durch die Therapie nicht wieder rückgängig gemacht werden können.13 Damit das nicht passiert, kann man die Zeit bis zur Infusion der Gentherapie auch mit einer Therapie mit Spleiß-Modifikatoren überbrücken. Besprich dies am besten mit Deinem Behandlungsteam.
SMA-Gentherapie zusammengefasst:10
• Sie wird einmalig intravenös verabreicht
• Das funktionsfähige SMN1-Gen wird mithilfe eines Virus-Vektors eingeschleust
• Sie ermöglicht die Produktion von ausreichend SMN-Protein
• Sie ist geeignet für Betroffene mit bis zu 3 SMN2-Kopien
• Die Langzeitwirkung ist noch nicht vollständig geklärt
Die Behandlung der SMA und die Therapieziele sind genauso individuell wie Du und der Verlauf Deiner SMA. Sie richten sich nach Deiner persönlichen Situation, wie z. B. Deinem Alter sowie Dauer, Typ und Schwere der Erkrankung. Aber auch Deine individuellen Bedürfnisse spielen dabei eine große Rolle.14 Gemeinsam mit Deiner Ärztin oder Deinem Arzt legst Du fest, welche Therapieziele Dir wichtig und realistisch erreichbar sind. Wichtig hierbei ist, dass Du offen über Deine Wünsche und Sorgen sprichst, damit diese berücksichtigt werden können.
Neben der zielgerichteten medikamentösen Behandlung von SMA spielen aber auch SMN-unabhängige Behandlungsansätze in Kombination mit einer SMN-spezifischen Therapie eine Rolle.15 Beispielsweise können Skelettmuskulatur-schützende Behandlungen dazu beitragen, die Krankheitsprogression zu verlangsamen, um weitere, nicht unmittelbar mit SMA zusammenhängende Komplikationen zu vermeiden.16
Da die SMA neben Muskeln auch andere Organe und Gewebe beeinträchtigt, gilt sie als eine Multiorganerkrankung.2,8,17-19 Das erfordert einen multidisziplinären Therapieansatz, bei dem die Betroffenen von einem ganzen Team von Expertinnen und Experten behandelt werden.5 Neben der medikamentösen Therapie gibt es auch nicht-medikamentöse Maßnahmen.
Inhaltlich geprüft am 04.06.2024: M-DE-00021090