Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Seit ein paar Jahren gibt es die Möglichkeit, SMA medikamentös zu behandeln. Betroffene jedes SMA-Typs können von diesen Therapieansätzen profitieren. Der Maßstab hierbei sind die Erwartungen jeder einzelnen Patientin bzw. jedes einzelnen Patienten an die Behandlung. Egal ob kleine oder große Verbesserungen oder einfach nur eine Stabilisierung der vorhandenen motorischen Fähigkeiten – für alle gilt: je früher die Behandlung beginnt, desto besser.
Seit 2017 sind verschiedene medikamentöse Therapien für die 5q-assoziierte SMA in Deutschland verfügbar. Weitere Therapieansätze befinden sich von verschiedenen Firmen in der Entwicklung. Zurzeit gibt es zwei unterschiedliche Therapieansätze: Spleiß-Modifikatoren und Gentherapie. Beide haben das Ziel, die Menge an funktionsfähigem SMN-Protein im Körper zu erhöhen.
Die Gentherapie funktioniert über das SMN1-Gen: Ein verändertes, ungefährliches Virus bringt ein fehlerfreies SMN1-Gen in menschliche Zellen ein.
Spleiß-Modifikatoren gehen über das SMN2-Gen. Denn beim Spleißen werden Abschnitte ohne wichtige genetische Informationen aus der RNA entfernt und die Abschnitte, die die wichtigen Informationen enthalten, zusammengesetzt. Beim SMN2-Gen kann jedoch ein Abschnitt mit wichtiger Information aus der RNA herausgeschnitten werden. So kommt es zur Entstehung des instabilen SMN-Proteins. Um dies zu verhindern, gibt es Spleiß-Modifikatoren. Die Medikamente verbessern die Übersetzung des SMN2-Gens in funktionsfähiges SMN-Protein.
Mehr Informationen zu den SMN-Genen, dem SMN-Protein und wie sie mit dem Muskelschwund bei SMA zusammenhängen, erfährst Du hier.
Im Mai 2017 wurde die erste SMN-spezifische, medikamentöse Therapieoption für SMA-Betroffene in Deutschland zugelassen. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Antisense-Oligonukleotid (ASO), ein synthetisches, einzelsträngiges Nukleinsäure-Oligomer. Das ASO ist ein Spleiß-Modifikator: Durch verändertes Spleißen des SMN2-Gens können höhere Spiegel an funktionsfähigem SMN-Protein hergestellt und so das Absterben der Motoneurone verhindert werden (s. Abb. 2).1 Das Medikament wird SMA-Patientinnen und -Patienten in regelmäßigen Abständen intrathekal mittels einer Lumbalpunktion verabreicht, um im Zentralnervensystem, vor allem an den Motoneuronen, zu wirken.
Im Mai 2020 wurde eine zweite medikamentöse Therapieoption für SMA Typ1 oder SMA-Patientinnen und -Patienten mit bis zu 3 Genkopien des SMN2-Gens in der EU zugelassen: Bei der sogenannten Gentherapie wird eine funktionsfähige Kopie des SMN1-Gens mithilfe eines intravenös verabreichten Adenovirus-assoziierten Vektors (AAV) in die Körperzellen der betroffenen Person eingeschleust. Diese intakte Kopie ersetzt das defekte SMN1-Gen und es kann ausreichend SMN-Protein hergestellt werden (s. Abb. 1).2-5 Die Verabreichung erfolgt einmalig intravenös. Die verabreichte Menge ist abhängig vom Körpergewicht des Kindes.6
Ein weiterer Therapieansatz wurde im März 2021 in Deutschland zugelassen. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte niedermolekulare Substanz (Small Molecules). Auch sie wirkt als Spleiß-Modifikator am SMN2-Gen und führt dazu, dass mehr funktionsfähiges SMN-Protein gebildet wird. Small Molecules können über den Mund eingenommen oder per Sonde direkt in den Magen verabreicht werden und wirken sowohl im Zentralnervensystem als auch in anderen Geweben des Körpers.7-12
Weitere Therapieoptionen befinden sich in der Erforschung.
Abb. 1: Medikamentöse Therapieansätze zur Behandlung der SMA. In der Mitte ist die SMN-Proteinproduktion in SMA-Betroffenen dargestellt, bei der nur wenig funktionsfähiges SMN-Protein hergestellt wird. Eine Therapiemöglichkeit ist die Gentherapie (Darstellung links), bei der ein intaktes SMN1-Gen in den Körper eingeschleust wird und so mehr funktionsfähiges SMN-Protein gebildet werden kann. Die zweite Therapiemöglichkeit ist die SMN2-Spleiß-Modifikation (Darstellung rechts). Durch ASOs oder Small Molecules findet ein alternatives Spleißen des SMN2-Gens statt, weswegen es mehr funktionsfähiges SMN-Protein herstellen kann.
Hier geben wir Dir einen tabellarischen Überblick über die bisher zugelassenen SMA-Therapien.13-15
Tab. 1: Wirkstofftabelle für SMA
*nach 4 Aufsättigungsdosen an den Tagen 0, 14, 28 und 63
Weitere Informationen zur medikamentösen Therapie von SMA findest Du bei der DGM.
Weitere Informationen zur medikamentösen Therapie von SMA findest Du bei der DGM.
Neben der zielgerichteten medikamentösen Behandlung von SMA spielen aber auch SMN-unabhängige Behandlungsansätze in Kombination mit einer SMN-spezifischen Therapie eine Rolle.16 Beispielsweise können Skelettmuskulatur-schützende Behandlungen dazu beitragen, die Krankheitsprogression zu verlangsamen und so weitere, nicht unmittelbar mit SMA zusammenhängende Komplikationen zu vermeiden.17
Da die SMA neben Muskeln auch andere Organe und Gewebe beeinträchtigt, gilt sie als eine Multiorganerkrankung. Das erfordert einen multidisziplinären Therapieansatz, bei dem die Betroffenen von einem ganzen Team von Expertinnen und Experten behandelt werden. Neben der medikamentösen Therapie gibt es auch nicht-medikamentöse Maßnahmen.
Inhaltlich geprüft am 31.07.2024: M-DE-00021090