Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
SMA ist die kurze Form für „Spinale Muskelatrophie“. Doch was bedeuten diese schwierigen Wörter eigentlich genau? „Spinal“ ist ein medizinisches Wort und bedeutet, dass etwas mit der Wirbelsäule oder dem Rückenmark in der Wirbelsäule zu tun hat. Was Muskel bedeutet, weißt Du bestimmt. Doch was heißt „Atrophie“? Das ist auch ein Wort aus der Medizin und meint, dass etwas – in dem Fall die Muskeln – Gewebe verliert. Die Muskeln werden also mit der Zeit immer kleiner und schwächer. Aber warum passiert das? Das liegt an bestimmten Zellen im Rückenmark – daher kommt auch das Wort „spinal“. Diese besonderen Zellen sind die Motoneurone.
Motoneurone gehören zu den Nervenzellen. Nervenzellen schicken wie kleine Postboten Informationen durch den gesamten Körper. Sie gehören zum Nervensystem, genauso wie das Gehirn. Und mit genau diesem tauschen sie sich immer aus. Sie senden Informationen an das Gehirn, z. B., wenn Du Dir einen Finger einklemmst. Dann bekommt das Gehirn von der Nervenzelle die Nachricht: „Aua, der Finger klemmt fest, das tut weh!“ Aber genauso kann das Gehirn Informationen über die Nervenzellen in den ganzen Körper schicken. In diesem Beispiel sendet das Gehirn dann die Nachricht: „Finger zurückziehen!“ und Deine Hand tut, was das Gehirn ihr sagt.
Für solche Bewegungen braucht dein Körper Motoneurone. Sie sind die speziellen Nervenzellen, die Befehle zur Bewegung vom Gehirn an die Muskeln weiterleiten.
Damit es den Motoneuronen gut geht, benötigen sie eine ganz bestimmte Zutat: das Protein SMN. SMN ist eine Abkürzung für einen englischen Begriff. Es heißt „survival of motor neuron“. „Motor neuron“ kennen wir schon – das ist das englische Wort für Motoneuron. „Survival“ bedeutet „Überleben“. Das SMN-Protein ist also wichtig für das Überleben der Motoneurone. Ohne das Protein können sie keine Befehle mehr vom Gehirn an die Muskeln weitergeben. Die Muskeln denken dann: „Ich werde wohl nicht mehr gebraucht, dann kann ich mich auch zurückbilden.“ Und so verliert der Körper mit der Zeit mehr und mehr an Muskelgewebe – in der Medizin heißt das: Muskelatrophie.
Aber warum – wenn das SMN-Protein doch so wichtig ist – passiert es manchmal, dass keins im Körper vorhanden ist?
Wie ein SMN-Protein aussieht und welche Aufgaben es erfüllt, ist genau festgelegt. Und zwar in Deinem Erbgut. Dein Erbgut enthält alle Informationen über Dich, z. B. welche Augenfarbe Du hast oder wie groß Du ungefähr wirst. All diese Informationen kommen von Deinen Eltern: die eine Hälfte von Deiner Mutter und die andere Hälfte von Deinem Vater.
Ein kleiner Teil von Deinem Erbgut enthält auch alle wichtigen Informationen über das SMN-Protein. Diesen Informationsabschnitt nennt man „SMN-Gen“. Jeder Mensch hat zwei verschiedene SMN-Gene: das SMN1-Gen und das SMN2-Gen.
Das SMN1-Gen hat jeder Mensch zweimal. Es ist besonders wichtig, weil der Großteil des SMN-Proteins nach den Informationen des SMN1-Gens hergestellt wird. Ist das SMN1-Gen also genauso, wie es sein soll, dann kann das SMN-Protein ganz normal hergestellt werden und den Motoneuronen geht es gut. Gibt es aber einen Fehler in dem SMN1-Gen, dann kann kein funktionierendes SMN-Protein hergestellt werden und den Motoneuronen geht es deswegen schlecht. Hier kommt das SMN2-Gen ins Spiel.
Vom SMN2-Gen kann es mehrere Kopien geben – Du kannst insgesamt bis zu sechsmal das SMN2-Gen haben. Beim SMN2-Gen kommt nur ab und zu mal ein funktionierendes SMN-Protein raus. Das liegt an einem winzig kleinen Unterschied zwischen den beiden Genen. Je mehr SMN2-Gen Kopien es im Körper gibt, desto mehr funktionierendes SMN-Protein wird „ab und zu“ mal hergestellt. Das kann den Motoneuronen helfen, länger zu überleben und das defekte SMN1-Gen auszugleichen.
Hat ein Mensch nun zwei fehlerhafte SMN1-Gene, dann hat er die Krankheit SMA. Wie stark die Auswirkungen sind, wann die ersten Symptome auftreten und welchen SMA-Typ er hat, hängt von der Anzahl der SMN2-Kopien ab. Erinnerst Du Dich? Je mehr SMN2-Kopien, desto mehr SMN-Protein kann trotzdem hergestellt werden und desto länger können die Motoneurone überleben.
Wenn die Motoneurone keine Botschaften mehr weiterleiten, kommt es deswegen zum Muskelschwund. Dann fallen Bewegungen immer schwerer oder können sogar gar nicht mehr ausgeübt werden, da der Informationsweg vom Gehirn über die Motoneurone zu den Muskeln gestört ist. Meist können große Körperteile wie Arme und Beine zuerst nicht mehr richtig bewegt werden. Die Finger sind z. B. erst später betroffen. Aber auch die Muskeln, die man für das Schlucken von Essen braucht, können dann manchmal nicht mehr so gut bewegt werden.
Zum Glück gibt es aber mittlerweile verschiedene Behandlungen (Therapien), die deinen Muskeln helfen, stark zu bleiben. Du kannst also genau die Unterstützung bekommen, die du brauchst!