Die wichtigsten Fragen auf einen Blick

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Ernährung bei SMA – was rät die Expertin?

Welchen Stellenwert hat eine gesunde Ernährung in Deinem Leben? Weißt Du gut Bescheid, worauf es bei einer ausgewogenen Ernährung bei SMA ankommt? Wir haben zu diesem Thema eine Expertin befragt, die uns eine ganze Menge an nützlichen Tipps und wertvollen Informationen mit auf den Weg gegeben hat.

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Dr. oec. troph. Kerstin Jülicher ist seit 2005 als Ernährungstherapeutin tätig. Dabei erlebt sie täglich, welche Auswirkungen die aufgenommene Nahrung auf den menschlichen Stoffwechsel und damit auf die Gesundheit hat. Immer wieder faszinierend findet die Expertin, wie nachhaltig eine Ernährungsumstellung bei den unterschiedlichsten Erkrankungen einige der Beschwerden lindern oder auch beseitigen kann.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei SMA?

Wie bei allen Menschen, spielt die Ernährung auch bei Menschen mit SMA eine große Rolle. Denn über das Essen und Trinken wird der Körper mit Nährstoffen versorgt: Die sogenannten Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Eiweiß und Fette) werden hauptsächlich für die Energiegewinnung benötigt. Eine ausreichende Eiweißversorgung ist bei SMA wichtig, da es bei einem Mangel zu einem stärkeren Abbau der Muskulatur kommen kann. Die Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe) braucht der Körper für Stoffwechselvorgänge und das Immunsystem.

Da bei SMA der Verlauf der Erkrankung sehr unterschiedlich sein kann, benötigen betroffene Menschen eine an ihre individuelle Situation angepasste Ernährung und Energiemenge. Denn Betroffene, die sich noch regelmäßig bewegen können, haben eine höhere Muskelmasse und verbrauchen mehr Energie als betroffene Menschen, die hauptsächlich sitzen oder liegen.

Bei SMA kann es u. a. zu Schluckstörungen, Übelkeit und Erbrechen kommen. Auch Verstopfung, Blähungen, Reflux (Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre) oder eine verzögerte Magenentleerung können auftreten. All dies spielt eine Rolle, wenn es darum geht, die Ernährung individuell anzupassen.

Tipps, wie Du Dich gesund und nährstoffreich ernähren kannst, findest Du in unserer Checkliste weiter unten!

Was bedeutet Dysphagie für die Ernährung bei SMA?

Bei einer Dysphagie handelt es sich um eine Schluckstörung. Am Schluckvorgang sind etwa 100 Muskeln beteiligt. Abhängig davon, in welchem Bereich und in welcher Phase des Schluckvorgangs die Beeinträchtigung vorliegt, kann es unterschiedliche Ausprägungen der Dysphagie geben.

Durch Anpassen der Kostform kann eine bedarfsgerechte Ernährung ermöglicht werden, die auch geschmacklich und optisch noch ansprechend ist. Jedoch müssen nicht alle von Schluckstörungen betroffenen Menschen sofort komplett pürierte Kost zu sich nehmen. Hier sind folgende Abstufungen möglich:

  • Leichte Schluckbeschwerden – adaptierte Kost (weiche Kost, nicht püriert)
  • Mittlere Schluckbeschwerden – teilpürierte Kost (nur die Komponenten, die Probleme bereiten, werden püriert)
  • Stärkere Schluckbeschwerden – pürierte Kost (die Speisen werden mit einem Mixer zu Brei püriert)
  • Starke Schluckbeschwerden – passierte Kost (pürierte Kost wird durch ein Sieb gestrichen, um Klümpchen und Fasern zu entfernen)

Fallen das Kauen und Schlucken jedoch immer schwerer, sodass Nahrung in die Atemwege gelangen kann, erhöht sich das Risiko für Lungenentzündungen. Hierbei kann die Sondenernährung als medizinisches Hilfsmittel eingesetzt werden. 

Tipps für die Ernährung bei Dysphagie findest Du in unserer Checkliste weiter unten!

Wann ist eine Ernährungstherapie bei SMA sinnvoll?

Um eine ausreichende Nährstoffversorgung sicherzustellen, sind eine ernährungstherapeutische Beratung und Unterstützung in jedem Fall sinnvoll. Dabei macht es einen Unterschied, ob die von SMA betroffene Person eher sitzt, liegt oder läuft. Durch die geringere Bewegung und eine geringere Muskelmasse erhöht sich das Risiko für Übergewicht. Hier ist eine energieangepasste Ernährung wichtig, die aber dennoch alle Nährstoffe mitbringen muss und dabei genussvoll sein sollte. Zudem sollte eine ausreichende Eiweißversorgung sichergestellt sein. Des Weiteren ist bei sitzenden und liegenden Menschen die Darmtätigkeit eventuell etwas beeinträchtigt. Hier ist die richtige Lebensmittelauswahl und -zusammenstellung ausschlaggebend.

Auch bei unterernährten SMA-Betroffenen spielen die Auswahl der Lebensmittel und die Anzahl der Mahlzeiten eine große Rolle.

Tipps bei SMA und Unterernährung findest Du in der Checkliste weiter unten!

Alle Bestandteile einer Mahlzeit haben eine Wirkung in unserem Körper. Diese kann positiv oder auch negativ sein.

– Dr. oec. troph. Jülicher

SMA und Knochendichte – welchen Einfluss hat die Ernährung?

Durch die passende Ernährung lassen sich einige Risikofaktoren für die Entstehung von Osteoporose verringern. Hierbei spielt unter anderem die Versorgung mit Calcium, Vitamin D, Vitamin B12 und Folsäure eine große Rolle. Den Vitamin D-Spiegel sollte eine Ärztin oder ein Arzt mittels Blutuntersuchung kontrollieren. Bei Bedarf kann ein Mangel durch eine Substitution behoben werden. Neben der Ernährung gibt es auch noch andere wichtige Faktoren, die eine Entstehung von Osteoporose beschleunigen können, zum Beispiel mangelnde Sonneneinstrahlung, zu wenig Bewegung, ein niedriger Body-Mass-Index (BMI) oder bestimmte Medikamente.

Tipps, um Deine Knochengesundheit positiv zu beeinflussen, findest Du in der Checkliste weiter unten!

Gibt es „verbotene“ oder besonders empfehlenswerte Nahrungsmittel bei SMA?

Es gibt keine spezielle Kostform für SMA-Betroffene und keine generell verbotenen Lebensmittel. Eine energieangepasste, nährstoffreiche Ernährung, die auch immer die ausreichende Eiweißversorgung und den Genuss im Blick hat, ist wichtig. Persönliche Vorlieben und die individuelle Verträglichkeit sollten die Auswahl bestimmen.

Da der Verlauf der Erkrankung sehr unterschiedlich sein kann und begleitende Probleme, wie z. B. gastrointestinale (den Magen-Darm-Trakt betreffende) Störungen, Schluckbeschwerden, Über- und Untergewicht auftreten können, benötigen Menschen mit SMA eine an ihre individuelle Situation angepasste Ernährung. Dafür stehen Ernährungstherapeutinnen und-therapeuten zur Verfügung, die unterstützend beraten. Die Krankenkassen bezuschussen eine fundierte ernährungstherapeutische Beratung.

Wie kann man die Verdauung fördern?

SMA-Betroffene, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und dazu vielleicht nur stark zerkleinerte oder pürierte Nahrung aufnehmen können, leiden oft unter Verdauungsproblemen.

Für die Förderung einer aktiven Verdauung und einer gesunden Darmflora kann man jedoch einiges tun. So sollten zuckerreiche und ballaststoffarme Lebensmittel, wie zum Beispiel Weißmehlprodukte, Softdrinks, Fastfood-Gerichte und Süßigkeiten nicht allzu häufig auf dem Speiseplan stehen, da sie oft zu Verdauungsproblemen führen. Verwendet werden sollten besonders Lebensmittel mit löslichen Ballaststoffen, wie sie in Gemüse, Obst, Haferflocken, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten usw. vorkommen – auch wenn die Mahlzeiten zerkleinert oder püriert werden. Sauermilchprodukte, wie z. B. Naturjoghurt, Quark, Kefir sollten mit auf dem Speiseplan stehen, da sie das intestinale Mikrobiom (Darmflora) günstig beeinflussen.

Je nach Verträglichkeit können auch fermentierte Produkte, wie z. B. Kimchi, Sauerkraut oder milchsauer eingelegtes Gemüse in den Ernährungsplan eingebaut werden. Probiotika können ebenfalls günstig wirken, lass Dich jedoch hierzu auf jeden Fall fundiert beraten. Des Weiteren können Darmmassagen unter fachkundlicher Anleitung einen positiven Einfluss auf den Darm haben.

Würzen sollte man nicht nur mit Pfeffer und Salz, sondern auch mit frischen Kräutern, denn diese wirken generell appetitanregend. Kräuter, wie z. B. Basilikum, Fenchel, Anis, Kümmel, Koriander, Schwarzkümmel und frische Minze bereichern eine Mahlzeit nicht nur geschmacklich, sondern regen auch die Verdauung an. Als Alternative zu frischen Kräutern eignen sich auch tiefgekühlte Kräuter. Lebensmittel mit Bitterstoffen, z. B. Chicorée, Radicchio, Artischocken, Endivien und Rosmarin, regen die Leber an und unterstützen die Fettverdauung.

Ernährung bei SMA - aber was muss man beachten?

Du fragst Dich, welche Besonderheiten es bei Schluckstörungen, Unterernährung oder Knochendichte zu beachten gibt? Unsere „How To Ernährung“-Checkliste gibt Dir hilfreiche Impulse und Tipps, die Dir den Einstieg in das Thema Ernährung bei SMA erleichtern können.

Zur Checkliste

Wo findest Du Ansprechpartner für Ernährungsfragen?

Falls Du auf der Suche nach einer Expertin oder einem Experten für Deine Ernährung bist, kannst Du Dich auf folgenden Webseiten informieren:

Deutsche Gesellschaft der qualifizierten Ernährungstherapeuten und Ernährungsberater e. V.

www.quetheb.de

BerufsVerband Oecotrophologie e. V. (VDOE)

www.vdoe.de

Verband der Diätassistenten – Deutscher Bundesverband e. V. (VDD)

www.vdd.de

Quellenverzeichnis

Alle Infos und Inhalte stammen aus dem Interview mit der Expertin.