Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
Welche Augenfarbe habe ich? Welchem Geschlecht gehöre ich an? Wie groß werde ich? Alle diese Merkmale werden durch unsere Erbinformation bestimmt. Die einzelnen Informationsabschnitte der Erbinformation werden Gene genannt. Auch für das bei SMA so wichtige SMN-Protein gibt es Gene – das SMN1- und das SMN2-Gen.
Die Gene liegen nebeneinander auf langen DNA-Fäden. DNA steht für „deoxyribonucleic acid“. Der deutsche Begriff dafür lautet „Desoxyribonukleinsäure“ (DNS). Da die DNA-Fäden sehr lang sind, liegen sie aufgerollt als sogenannte Chromosomen im Zellkern vor.
Jeder Mensch hat 46 Chromosome: 44 Autosome und 2 Gonosome (Geschlechtschromosome). Bei einer autosomalen Vererbung liegt das vererbte Gen auf einem der 44 Autosomen – im Fall von SMA auf Chromosom 5.
Normalerweise besitzt jeder Mensch die meisten Gene genau zweimal: eine Kopie auf dem Chromosom, welches er von der Mutter geerbt hat und eine Kopie auf dem Chromosom, welches ihm der Vater vererbt hat.
Gene können dominant oder rezessiv vererbt werden. Rezessiv bedeutet, dass im Fall von SMA von beiden Eltern ein fehlendes oder defektes SMN1-Gen vererbt werden muss, damit es zur Erkrankung kommt. Würde SMA dominant vererbt, würde schon ein fehlendes bzw. beschädigtes SMN1-Gen von einem Elternteil ausreichen, um SMA auszulösen.
SMA wird autosomal rezessiv vererbt: Betroffene haben also zwei fehlende oder defekte SMN1-Gene. Menschen mit nur einem fehlenden oder beschädigten SMN1-Gen sind Träger für SMA, erkranken aber nicht selbst. Im Folgenden findest Du einen Überblick über die möglichen Konstellationen bei der Vererbung von SMA (s. Abb. 1a bis 1e).
Abb. 1a: Beide Eltern sind Träger für SMA. Sowohl Vater als auch Mutter haben ein fehlendes oder beschädigtes SMN1-Gen. Das bedeutet, dass sie zwar Träger, aber selbst nicht erkrankt sind. Bekommen sie Nachwuchs, besteht eine 50-prozentige Chance, dass das Kind auch ein Träger für SMA wird, aber nicht erkrankt. Eine jeweils 25-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht jeweils dafür, dass ein Kind entweder nur intakte SMN1-Kopien – es kann weder erkranken noch ist es Träger für SMA – oder zwei fehlende bzw. defekte Kopien bekommt. Im letzten Fall ist das Kind dann an SMA erkrankt – statistisch gesehen 1 von 4 Kindern.
Abb. 1b: Nur ein Elternteil ist ein Träger für SMA. Besitzt der Vater ein fehlendes oder beschädigtes SMN1-Gen und hat die Mutter zwei intakte SMN1-Gene, besteht bei jedem Kind ein Risiko von 50 Prozent, dass es das fehlende bzw. defekte Gen des Vaters erbt. Statistisch gesehen werden also bei vier Kindern zwei Träger für SMA sein, wie der Vater, und zwei sind nicht betroffen, wie die Mutter.
Abb. 1c: Ein Elternteil ist an SMA erkrankt, das andere ist nicht betroffen. Der Vater ist an SMA erkrankt und hat somit zwei fehlende oder beschädigte SMN1-Gene. Die Mutter ist weder erkrankt noch Träger eines fehlenden oder defekten SMN1-Gens, sondern besitzt zwei gesunde Genkopien. Alle Nachkommen werden ein fehlendes bzw. defektes SMN1-Gen erben und somit Träger für SMA sein, jedoch nicht selbst erkranken.
Abb. 1d: Ein Elternteil ist an SMA erkrankt, das andere ist Träger. Die Mutter ist an SMA erkrankt und der Vater ist Träger eines fehlenden bzw. beschädigten SMN1-Gens. Statistisch gesehen werden die Nachkommen zu 50 Prozent selbst an SMA erkrankt und zu 50 Prozent Träger für SMA sein.
Abb. 1e: Beide Elternteile sind an SMA erkrankt. Sind sowohl Vater als auch Mutter an SMA erkrankt, werden auch alle ihre Nachkommen von SMA betroffen sein.
Aufgrund von äußeren Einflüssen (zum Beispiel UV-Strahlung) oder durch Fehler bei der DNA-Replikation können Abweichungen in der Erbinformation auftreten. Dazu gehören beispielsweise Mutationen und Deletionen.
Eine Mutation ist eine Veränderung der Erbinformation. Sie tritt spontan auf und löst eine dauerhafte Veränderung aus. Eine Deletion ist eine bestimmte Art von Mutation. Bei ihr geht ein Teil der Erbinformation verloren.
Eine andere Art der Veränderung ist die Gen-Duplikation. Dabei verdoppelt oder vervielfacht sich ein bestimmter Genabschnitt und liegt dann dauerhaft mehrfach pro Chromosom vor. Bei SMA ist so eine Gen-Duplikation von Vorteil: Sind mehrere Kopien des SMN2-Gens vorhanden, kann mehr SMN-Protein gebildet werden und der Verlauf der Erkrankung ist oft weniger schwer.
Ein Protein entsteht immer nach dem Bauplan, der durch das entsprechende Gen auf der DNA vorgegeben ist. Dieser Bauplan wird von einer Polymerase (auch ein Protein) abgelesen und in RNA (ribonucleic acid) umgeschrieben. Die RNA besteht aus Introns und Exons. Im Gegensatz zu den Introns enthalten die Exons wichtige Informationen für die Entstehung des Proteins. Die Introns werden in einem speziellen Vorgang – dem Spleißen – herausgeschnitten. Aus der nun nur noch aus Exons bestehender RNA wird mithilfe von Ribosomen das Protein hergestellt. Diesen gesamten Vorgang nennt man „Proteinbiosynthese“.
Proteine haben viele verschiedene Aufgaben: Baustoffe, Regulation von Stoffwechselreaktionen, Transport von Nährstoffen und Sauerstoff, Abwehr von Infektionen etc. – so auch das SMN-Protein. Es ist unter anderem für die ordentliche Funktion und das Überleben der Motoneurone zuständig.