Die wichtigsten Fragen auf einen Blick
SMA-Bloggerin Carolin erzählt, wie sie ihr Zuhause in ein Smarthome verwandelt und so größtmögliche Selbstständigkeit erlangt hat.
Bestimmt hat sich jede Person mit einer körperlichen Behinderung im Laufe ihres Lebens schon einmal gewünscht, ganz banale und alltägliche Dinge ohne fremde Hilfe bewerkstelligen zu können. Ich denke da beispielsweise an die zahlreichen Male, als ich in meinem Zimmer im Bett lag und etwas an meinem Computer tippte, während allmählich die Abenddämmerung einsetzte und es so duster im Raum wurde, dass mein Display die einzige Lichtquelle war. Wie gerne hätte ich in solchen Momenten den verdammten Wandschalter gedrückt und die Deckenbeleuchtung eingeschaltet, aber stattdessen blieb mir nichts anderes übrig, als meine Mutter zu rufen und sie zu bitten, für mich Licht zu machen. Keine große Sache mag man denken, doch ich fühlte mich dadurch stets irgendwie hilflos. Manchmal sind es eben die kleinen, unscheinbaren Dinge, die Dir ein Gefühl von Freiheit vermitteln.
Vergangenen Herbst bin ich in meine erste eigene Wohnung gezogen, nachdem die Umbauarbeiten daran ein Jahr anhielten. Zusammen mit meiner Familie habe ich eine kleine, barrierefreie Wohnung erschaffen, welche genau meinen Vorstellungen entspricht und als Holzanbau an das Haus meiner Eltern grenzt. Auf meinem Instagram-Account habe ich damals viele Einblicke gegeben und den Umbauprozess genau dokumentiert.
Von Anfang an war das Thema Smarthome dabei ein wichtiger Aspekt für mich. Wenn ich schon die Chance bekam, ein Zuhause nach meinen Wünschen zu kreieren, wollte ich auch sicherstellen, dass ich möglichst autonom darin leben kann und mir moderne Technik zunutze mache, um nicht länger bei jeder Kleinigkeit auf Unterstützung angewiesen zu sein.
Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten, eine Wohnung smart zu machen. Dafür benötigt es auch gar keine Magie! Nein, es muss nicht immer ein teures System sein, denn inzwischen existieren zahlreiche kostengünstige und benutzerfreundliche Produkte zum selbst nachrüsten auf dem Markt.
Am wichtigsten ist, dass Du Dir zunächst einmal darüber klar wirst, was Du möchtest und worauf Du besonders viel Wert legst. Möchtest Du einfach nur das Licht steuern können? Oder hättest Du gerne ein intelligentes Türschloss, um Deinen Assistenzkräften Zugang zur Wohnung zu geben?
Mach Dir eine Liste mit Stichpunkten und ordne diese nach Dringlichkeit. Überlege Dir außerdem, in welchen Räumen Du eine smarte Steuerung benötigst, und wie viele Geräte Du in Summe ansprechen möchtest. Diese Zahl ist wichtig, um Deinen Bedarf einschätzen zu können, und eine kompatible Lösung zu finden. In meinem Fall habe ich fast alles mit sogenannten ZigBee-Aktoren, welche für die Philips Hue Bridge geeignet sind, sowie WLAN-Steckdosen gelöst.
Während mein Schlafzimmer und Wohnzimmer komplett vernetzt sind (hier halte ich mich am meisten auf), habe ich beispielsweise im Flur komplett auf smarte Steuerung verzichtet. Der Gedanke dahinter war, dass ich meine Wohnung sowieso nur mit einer Begleitperson verlasse, weswegen es hier nicht so schlimm ist, wenn ich nicht alles selbst steuern kann. Dadurch sparst Du Kosten ein.
Folgende smarte Elemente beinhaltet meine Wohnung konkret:
Die Einbaustrahler in meiner Wohnung lassen sich sowohl ganz normal per Hand als auch per App und Sprachassistent bedienen. Möglich macht das ein Unterputz-Dimmer, welcher über den Funkstandard ZigBee verfügt und in die Hue Bridge eingebunden werden kann. Auf diese Weise können die Lichtschalter auch weiterhin mechanisch betätigt werden, was praktisch ist, sollte es einmal zu Verbindungsproblemen kommen. Davon abgesehen habe ich die meisten meiner Lampen mit Glühbirnen von Hue ausgestattet, um sie smart zu machen. Philips bietet für fast jede Leuchte den richtigen Birnentyp an, wobei meist zwischen White Ambiance und RGB unterschieden wird. RGB-Birnen bieten ein breites Farbspektrum in den Einstellungen, während bei White Ambiance lediglich stufenlos zwischen Warm- und Kaltweiß gewechselt werden kann. In den meisten Fällen ist das allerdings absolut ausreichend. Was Du im Hinterkopf behalten solltest, ist die maximale Anzahl von 50 Geräten, die mit einer Hue Bridge gekoppelt werden können. In meiner 60qm-Wohnung erreiche ich diese Grenze bei weitem nicht. In einem großen Haus mit vielen Zimmern könnte man jedoch schnell ans Limit kommen.
Die vorhandenen Heizkörper steuere ich allesamt über smarte WLAN-Thermostate von Tado. Sie sind innerhalb von Minuten installiert und passen dank der mitgelieferten Adapter an fast jeden herkömmlichen Heizkörper. In der Tado-App habe ich die aktuelle Temperatur, sowie Luftfeuchtigkeit in den jeweiligen Räumen immer im Blick und kann bestimmen, zu welchen Uhrzeiten geheizt werden soll.
Inzwischen ist fast jeder neue Fernseher auch ein Smart TV und hat Internet, Streamingdienste, sowie Bluetooth, AirPlay etc. mit an Bord. Für eine möglichst barrierefreie Steuerung würde ich Dir empfehlen, darauf zu achten, dass Dein Gerät auch alle gängigen Sprachassistenten integriert hat und eine Hands-free-Bedienung unterstützt. Ich persönlich möchte eine Steuerung ganz ohne Fernbedienung mittlerweile nicht mehr missen, da mir die Sprachsteuerung ermöglicht, selbstständig den Sender zu wechseln oder eine Serie zu pausieren usw.
Natürlich ist diese Funktion oftmals anfällig für kleine Fehler oder macht nicht immer das, was sie soll, aber am Ende ist es trotzdem besser, als jedes Mal nach Hilfe rufen zu müssen. Falls Dein TV-Modell bereits etwas älter ist, eignet sich ein Fire TV übrigens perfekt, um Netflix und Alexa nachzurüsten.
In meiner Wohnung gibt es ausschließlich Schiebetüren, damit ich mit dem Rollstuhl auch überall gut durchfahren kann. Die Tür zu meinem Schlafzimmer ist motorgesteuert und eine Art Eigenkreation. Um sie per App bzw. Alexa öffnen und schließen zu können, habe ich, ähnlich wie bei den Einbaustrahlern, Zigbee-Schalter zwischen gesteckt und so programmiert, dass jeder Aktor für einen bestimmten Befehl steht. So kann ich die Schiebetür in meine Hue-Konfiguration einbauen und jederzeit schließen, wenn ich ungestört sein möchte.
Die Glasfassade zu meiner Terrasse hat ebenfalls eine elektrische Schiebetür, aber im Gegensatz zum Rest meiner Smarthome-Ausstattung, musste diese vom Profi programmiert werden.
Alle weiteren nicht intelligenten Geräte, die ich einfach nur ein- und ausschalten möchte (Lichterketten, Haushaltsgeräte etc.) verbinde ich mit WLAN-Steckdosen, welche man für wenig Geld im Internet erhält. Eine der rudimentärsten, aber effektivsten Lösungen in Sachen Smarthome.
Herzstück meines Smarthomes sind mein Amazon Echo Studio im Schlafzimmer und Echo Dot im Wohnzimmer. Über diese beiden Lautsprecher steuere ich meine gesamte Wohnung, höre Musik, stelle mir den Wecker für den nächsten Tag, rufe meine Assistentinnen mittels Drop-In und vieles mehr. Natürlich gibt es noch einige andere gute Sprachassistenten, doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass Alexa mich am besten versteht.
Über Routinen kann ich feste Verhaltensweisen festlegen, so schaltet der Befehl „Schlafenszeit“ beispielsweise alle Lichter im Schlafzimmer aus und schließt die Tür. Es gibt wirklich so viele Möglichkeiten, alles individuell auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen! Mir persönlich macht es großen Spaß, mit den verschiedenen Apps und Einstellungen herumzuexperimentieren.
Natürlich muss man sich immer dessen bewusst sein, dass Dienste wie Alexa nicht ganz unproblematisch in Sachen Datenschutz sind, doch für mich überwiegen die positiven Aspekte bei weitem! Ohne die heutigen technischen Möglichkeiten könnte ich längst nicht so unabhängig sein und würde des Öfteren im Dunkeln sitzen. Aber genau das ist doch Barrierefreiheit – selbst zu bestimmen!
Eure Carolin
SMA-Bloggerin Carolin erzählt, wie sie ihr Zuhause in ein Smarthome verwandelt und so größtmögliche Selbstständigkeit erlangt hat.
Inhaltlich geprüft am 15.07.2024: M-DE-00022168